Stadtbahnkritiker bleiben skeptisch
Regensburg/Freiburg – am Freitag, den 17. März 2023 nahm die Bürgerinitiative Gleisfrei-Regensburg, JA zu Regensburg – NEIN zur Stadtbahn mit fünf Personen an der Exkursion der Stadt Regensburg nach Freiburg teil.
Ziel der Reise war, einen Eindruck von den Vorzügen einer Straßenbahn zu gewinnen.
Eingeladen hatte die Stadt Regensburg.
Erste Station war der im Südwesten liegende Vorzeigestadtteil Vauban, der als ehemaliges französisches Kasernenviertel in den 1990er Jahren komplett neu geplant wurde. Die Integration einer Stadtbahn ins Stadtviertel war daher insgesamt unproblematisch, denn in Freiburg besteht die Straßenbahn seit mehr als 120 Jahren (Gründung im Jahr 1901) und konnte einfach bis Vauban verlängert werden. In diesem Stadtteil gilt die energie- und flächensparende Bauweise mit Häusern nach Niedrigenergie-Standard, Plusenergiehäusern und Passivhäusern als vorbildlich und modern. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der Stadtteil eine Einwohnerdichte von 13.000 Personen pro km² aufweisen kann und das Fahrgastpotential für den ÖPNV damit gegeben ist.
Durch den gleichzeitigen Bau von Gleisen und Wohnbebauung, konnte man Rasengleise sinnvoll im Viertel integrieren.
Zum Vergleich: Regensburg ist mit rund 1900 Einwohnern pro Quadratkilometer deutlich weniger dicht besiedelt. Und hier möchte man nun eine neue Stadtbahntrasse, die laut Planung mehrfach im Mischverkehr und durch reine Wohngebiete verlaufen soll, nachträglich in die engen Straßenverhältnisse einpassen.
Zusammen mit dem Baubürgermeister, Prof. Dr. Martin Haag, der den Besuch aus Regensburg in Vauban begrüßte, ging es zu Fuß und mit der Straßenbahn in die Innenstadt zum Holzmarkt. Mit dem Blick auf das Martinstor konnten wir das bunte Verkehrstreiben von Straßenbahn, Auto-, Rad- und Fußgängerverkehr beobachten, das von langsamer Geschwindigkeit und gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt war.
Optisch war dieser Stadtteil mit den vielen Oberleitungen, dem fehlenden Grün und den von der Fahrbahn getrennten Gleisen nicht besonders ansprechend. Auf den Vorteil
des schnelleren Vorankommens einer Straßenbahn wurde bewusst verzichtet.
An dieser Stelle wurden wir vom Oberbürgermeister der Stadt Freiburg, Herrn Martin Horn begrüßt und hatten Gelegenheit, uns mit den Vorständen der Freiburger Verkehrs AG Herrn Oliver Benz und Herrn Stephan Bartosch auszutauschen. Zudem waren Mitarbeiter des Freiburger Dezernats für Stadtentwicklung und Bauen, Tiefbau mit Verkehrsplanung, Stadtgrün und Gebäudemanagement zugegen.
Auf die Frage des Sprechers Herrn Christian Pöschl der Bürgerinitiative Gleisfrei-Regensburg, welches Verkehrsmittel für die mittelalterlich geprägte Stadt Regensburg mit
seinen engen Straßen wohl am besten geeignet sei, da man auf Grund des bestehenden UNESCO-Weltkulturerbes kaum mit einer Straßenbahn direkt in den Stadtkern fahren
kann, kam als Antwort: ein Elektrobus.
Und dabei geriet der Obergürgermeister Horn ins Schwärmen über die neuen Busse, welche deutlich weniger störanfällig seien als die alten Busse und sich die Stadt Freiburg
deshalb noch dreizehn weitere Elektrobusse angeschafft hatte. Wir konnten anschließend auch den Ladevorgang eines Busses an einer Haltestelle begutachten.
In der ausgehändigten Broschüre der Freiburger Verkehrs AG „Facetten“ Nr. 1, 2023 ist dem Thema Schnellbus, welcher auch einer der Vorschläge von Gleisfrei-Regensburg als Alternative zur Stadtbahn ist, das Titelblatt gewidmet.
Bei der weiteren Besichtigung der Innenstadt konnte man dann am eigenen Leib spüren, welche Erschütterungen von Straßenbahnen ausgehen. An besonders heiklen Stellen
können Erschütterungen nur durch eine sehr aufwändige und teure Gleiseinbettung von naheliegenden Gebäuden abgehalten werden. Das war beispielsweise notwendig, um die Erschütterungswarnmelder einer nahegelegenen Bank nicht ständig unnötig auszulösen.
An wie vielen Stellen solch eine teure Gleiseinbettung in der Stadt Regensburg nötig sein wird und ob solch eine Maßnahme überhaupt verwirklicht wird, ist noch fraglich.
Zudem wurde muss man bedenken, dass in Freiburg eine Straßenbahn mit einer Schmalspurbreite von 1,00m fährt (so wie früher das Walhallabockerl) und nicht wie die
geplante Stadtbahn mit einer Breite von 1,40m. Dadurch sind die Straßenbahnfahrzeuge in Freiburg wesentlich graziler und schmäler als das geplante „Monstrum“ für Regensburg.
Letzte Station war dann die Endhaltestelle Gundelfinger Straße im Norden von Freiburg. Der große Platz, der sogar Raum für eine Wendeschleife der Stadtbahn, etliche
Parkplätze und mehrere Bushaltestellen aufwies, war beeindruckend.
In Regensburg findet man innerhalb des Stadtgebietes keinen vergleichbaren Ort.
Zu unserem Bedauern wurden uns Folgendes nicht gezeigt:
– Umsteigepunkt am Bahnhof
– eine Straßenbahn durch eine Einfamilienhaus- oder Doppelhaussiedlung
Auf der Rückreise im halbvollen Reisebus gelangten wir zu folgendem Fazit:
Wir sehen die geplante Integration einer Stadtbahn in Regensburg weiterhin äußerst kritisch, denn durch die Exkursion konnten uns die Vorzüge einer Stadtbahn nicht näher
gebracht werden, da sich die Gegebenheiten Freiburgs von denen in Regensburg deutlich unterscheiden. So gibt es in Freiburg 6 Brücken über die Dreisam, wohingegen es
in Regensburg nur eine Donauquerung über die Nibelungenbrücke gibt. Durch den Bau der geplanten Stadtbahn wird unserer Meinung nach das städtebauliche Bild unseres
schönen Regensburgs mehr als nur beeinträchtigt und das bestehende Verkehrsproblem nicht gelöst. Den großen Vorteil einer Straßenbahn gegenüber einem Bus, dass sie auf dem eigenen Gleis schneller ist, kann die Bahn Freiburg in den gezeigten Stadtteilen nicht ausspielen. In Regensburg ist dieser Vorteil aufgrund der Kürze des geplanten
Schienennetzes, dem hohen Anteil an Mischverkehr und den häufigen Haltestellen schlichtweg nicht gegeben. Aus diesen Gründen bleibt die Bürgerinitiative bei ihrem
eindeutigen NEIN zur Stadtbahn.